Adoption in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Eine mit ihrem Lebensgefährten weder verheiratete noch in einer Lebenspartnerschaft lebende Person kann dessen Kind nicht annehmen, ohne dass zugleich das Verwandtschaftsverhältnis zwischen ihrem Lebensgefährten und dem Kind erlischt.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall begehren die beiden nicht miteinander verheirateten Lebensgefährten die Adoption der minderjährigen Kinder J. und G. durch den Mann mit der Maßgabe, dass diese die Stellung gemeinschaftlicher Kinder der beiden Lebensgefährten erlangen. Die Frau ist die leibliche Mutter der Anzunehmenden; ihr leiblicher Vater ist 2006 verstorben. Der Mann lebt seit 2007 mit der Kindesmutter in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

Das Amtsgericht Ahaus hatte den Antrag zurückgewiesen1. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsteller war vor dem Oberlandesgericht Hamm ebenfallserfolglos geblieben2. Der Bundesgerichtshof hat nun die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm bestätigt:

Anders als bei der Stiefkindadoption durch Ehegatten oder Lebenspartner hat der Gesetzgeber für nicht verheiratete Personen keine vergleichbare Regelung geschaffen. Deshalb kann eine nicht verheiratete und nicht verpartnerte Person ein Kind gemäß § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB nur allein annehmen, so dass das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes zu ihrem Lebensgefährten gemäß § 1755 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt. Diese eindeutigen Regelungen lassen keine andere Auslegung zu.

Der Bundesgerichtshof erachtet die entsprechenden Regelungen nicht für verfassungswidrig. Auf das Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG kann sich der Lebensgefährte nicht berufen, weil er lediglich sozialer, nicht aber rechtlicher bzw. leiblicher Elternteil ist. Das Familiengrundrecht gemäß Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, weil dieses keinen Anspruch der Familienmitglieder auf Adoption umfasst. Auch der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG ist nicht verletzt, weil der Gesetzgeber die zu vergleichenden Sachverhalte (nicht verheiratete Lebensgefährten einerseits und Ehegatten oder Lebenspartner andererseits) unterschiedlich behandeln darf. Der von ihm erstrebte Zweck, den anzunehmenden Kindern eine stabile Elternbeziehung zu gewährleisten, ist legitim. Wenn der Gesetzgeber hierfür maßgeblich auf eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft in Form einer Ehe bzw. einer eingetragenen Lebenspartnerschaft abstellt, liegt das noch in seinem gesetzgeberischen Ermessen.

Die hier im Streit stehenden Adoptionsregelungen verletzen die Lebensgefährten auch nicht in ihrem von Art. 8 EMRK geschützten Recht auf Achtung des Familienlebens.

Zwar erlaubt das im Jahr 2008 geänderte Europäische Adoptionsübereinkommen den Vertragsstaaten, die Adoption eines Kindes u.a. durch zwei Personen verschiedenen Geschlechts zuzulassen, wenn diese „in einer stabilen Beziehung“ leben. Dabei handelt es sich jedoch lediglich um eine Öffnungsklausel, nicht aber bereits um eine (bindende) Wertentscheidung.

Ebenso wenig fordert der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte es nicht verheirateten Lebensgefährten zu ermöglichen, durch Adoption die Stellung gemeinschaftlicher Eltern minderjähriger Kinder zu erlangen. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bei der Adoption Minderjähriger den Abbruch der Beziehung des Kindes zu seinen leiblichen Eltern im Grundsatz anerkannt. Eine Verletzung von Art. 8 EMRK hat er dagegen nur für den Ausnahmefall der Adoption eines volljährigen, aber behinderten Kindes durch den Lebensgefährten der Mutter mit Erlöschen der verwandtschaftlichen Beziehungen zur Mutter festgestellt.

Demgegenüber geht es bei dem hier vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall um minderjährige Kinder, für die der deutsche Gesetzgeber im Interesse des Kindeswohls eine Stiefkindadoption weiterhin an eine besonders gefestigte Beziehung der Annehmenden in Form einer Ehe oder Lebenspartnerschaft geknüpft hat. Schließlich lässt das deutsche Recht im Falle einer Volljährigenadoption gemäß § 1770 Abs. 2 BGB die verwandtschaftlichen Beziehungen des Angenommenen grundsätzlich unberührt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 8. Februar 2017 – XII ZB 586/15

  1. AG Ahaus, Beschluss vom 09.12.2013 – 12 F 235/13[]
  2. OLG Hamm, Beschluss vom 03.11.2015 – II-3 UF 9/14[]